Der Gesetzgeber forciert wie zuletzt auch im Rahmen des GKV-VStG mit der neuen Krankenhausreform weiter die Verzahnung der Sektoren, was Kooperationen zwischen Niedergelassenen und Krankenhäusern als wesentlichen Anker einer sektorenübergreifenden Praxis unabdingbar und vor allem notwendig machen. Die denkbaren Kooperationsformen niedergelassener Ärzte mit Krankenhäusern nehmen dabei ebenso stetig zu wie die aufgrund einer Vielzahl an bisher ungeklärten Rechtsfragen vorliegende Komplexität sektorenübergreifender Kooperationen.
Vor dem Hintergrund der Krankenhausreform erfolgt insofern eine kurze Einordnung sowie eine Darstellung des status quo.
Sektorenübergreifende Versorgung wird gesetzlich gefördert
Auf dem Weg zu einer sektorenübergreifenden und integrierten Gesundheitsversorgung strukturiert der Gesetzgeber die stationäre Krankenhauslandschaft auch dahingehend um, dass er einen neuen – sektorübergreifenden – Bereich als Bindeglied zwischen stationärem und ambulantem Bereich schafft. Die dort tätigen Leistungserbringer werden fortan „sektorenübergreifende Versorger“ oder „Level 1i-Krankenhäuser“ genannt. Hierunter können bettenführende Primärversorgungszentren (PVZ), Regionale Gesundheitszentren (RGZ), integrierte Gesundheitszentren oder andere ambulant-stationäre Zentren fallen.
Diese Einrichtungen sollen eine wohnortnahe medizinische Versorgung durch eine Bündelung interdisziplinärer und interprofessioneller Leistungen sichern und sich regelhaft aus dem stationären Bereich, aber auch aus ambulanten Versorgungsmodellen heraus entwickeln. Sie sollen stationäre Leistungen der interdisziplinären Grundversorgung wohnortnah sowohl mit ambulanten fachärztlichen sowie hausärztlichen Leistungen als auch mit medizinisch-pflegerischen Leistungen verbinden und sich durch eine enge Zusammenarbeit mit anderen weiteren Leistungserbringern im Bereich der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung auszeichnen.
Die Standorte der sektorenübergreifenden Versorger sollen wesentlicher Bestandteil in der ärztlichen und pflegerischen Aus- und Weiterbildung sowie weiterer Gesundheitsberufe sein. Im Verbund mit anderen Kliniken sollen sie eine zentrale Rolle in der Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Pflegepersonal bekommen.
Von zentraler Bedeutung ist, dass die ärztlichen Weiterbildungsordnungen den sektorenübergreifenden Ansatz z. B. bei der Vorgabe der Mindestfallzahlen übernehmen und die Anrechnung der Tätigkeit in dieser sektorübergreifenden Gesundheitsversorgung uneingeschränkt auf die notwendigen Weiterbildungszeiten angerechnet werden.
Ihre Attraktivität als Arbeitgeber soll darüber hinaus durch eine weitgehende Entbürokratisierung der Versorgung in dieser Stufe erhöht werden. (Vgl. ausführlich hierzu das Eckpunktepapier – Krankenhausreform – vom 10.07.2023 des Bundesgesundheitsministeriums)
Auswirkungen auf Kooperationen
Während die üblichen Kooperationsmodelle – s.u. – vor allem aus der Sicht der Krankenhäuser nunmehr mehr denn je gefragt sein und auch zukünftig den Schwerpunkt kooperativen Handelns zwischen ambulanten und stationären Sektor bilden dürften, kann die vorstehend genannte Versorgungsstruktur insbesondere auch für den unternehmerisch denkenden Vertragsarzt interessant sein.
So könnte der niedergelassene Arzt bspw. über die Fortentwicklung eines ambulanten OP-Zentrums selbst entsprechende Versorgungsstrukturen aufbauen. Über die Vielzahl an neu geschaffenen und teilweise gestärkten Regelungen im SGB V bei der sektorenübergreifenden Versorgung, bspw. tagesstationäre Behandlungen (§ 115e SGB V) oder der beabsichtigten Vergütungsgleichlauf im Bereich des ambulanten Operierens nach § 115f SGB V, eröffnen sich insofern vielfältige Möglichkeiten im Bereich der sektorenübergreifenden Kooperation aus beiden Perspektiven (ambulant oder stationär).
Status Quo bekannter Kooperationsmodelle:
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Betreiberkonzept
Bei der Nutzung von im Krankenhaus vorhandener Infrastruktur stellt das Krankenhaus dem Arzt beispielsweise die vorhandenen Operationssäle sowie die erforderlichen medizinischen Gerätschaften zur Durchführung ambulanter Operationen zur Verfügung. Der Arzt nutzt diese Strukturen des Krankenhauses als „weitere Betriebsstätte“ und entrichtet an das Krankenhaus ein Nutzungsentgelt.
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Belegarzt
Belegärzte sind niedergelassene Ärzte, die aufgrund eines mit dem Krankenhaus abgeschlossenen Belegarztvertrages berechtigt sind, ihre Patienten im Krankenhaus unter Inanspruchnahme der vom Krankenhaus hierfür bereitgestellten Dienste, Einrichtungen und Mittel stationär oder teilstationär zu behandeln, ohne vom Krankenhaus hierfür eine Vergütung zu erhalten (vgl. § 121 SGB V, § 18 KHEntgG). Der Belegarzt ist gerade nicht Angestellter des Krankenhauses, sondern erbringt seine ärztlichen Leistungen als selbständiger niedergelassener Arzt unter Inanspruchnahme der Krankenhausstruktur.
Der Belegarzt rechnet die von ihm erbrachten ärztlichen Leistungen selbständig gegenüber dem Patienten oder den Kostenträgern (insbesondere der KV) auf Grundlage der Gebührenordnungen ab. Das Krankenhaus rechnet seine Leistungen als gesonderte Fallpauschale gegenüber den Krankenkassen ab. Alternativ zu dieser klassischen Vergütungsvariante können Krankenhäuser mit Belegärzten auch Honorarvereinbarungen über belegärztliche Leistungen abschließen (§ 121 Abs. 5 SGB V).
Im der Kooperation zugrundeliegenden Belegarztvertrag müssen insbesondere Verantwortungsbereiche, von Regelungen zur Inanspruchnahme von Personal des Krankenhauses sowie Regelungen zur Kostenerstattung nicht pflegesatzfähiger Aufwendungen des Krankenhauses abgegrenzt werden. Vor allem dürfen etwa auch nicht dem Belegarzt seitens des Krankenhauses Verpflichtungen auferlegt werden, die eher dem Tätigkeitsbereich des Krankenhauses zuzuordnen und/oder dem Belegarztwesen fremd sind.
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Honorarärztliche Tätigkeit
Die honorarärztliche, d. h. freiberufliche Tätigkeit eines niedergelassenen Arztes im Krankenhaus kann die verschiedensten Ausformungen haben. Hier treten jedoch erhebliche arbeits- und sozialversicherungsrechtliche Risiken, insbesondere für das Krankenhaus und dessen Verantwortliche auf. Im Rahmen des Vertragsarztrechts hat der niedergelassene Arzt u.a. die Bestimmungen des § 20 Zulassungsverordnung-Ärzte zu beachten, insbesondere den zeitlichen Umfang der Nebentätigkeit.
Die Frage der Sozialversicherungspflicht von Honorarärzten dürfte indes mittlerweile geklärt sein. Das Bundessozialgericht äußerte sich in jüngerer Vergangenheit mit verschiedenen Urteilen jeweils dahingehend, dass Honorarärzte grundsätzlich dem Weisungsrecht des Krankenhauses unterstünden und in den Betrieb des Krankenhauses eingegliedert seien, was regelmäßig zu ihrer Sozialversicherungspflichtigkeit führe (BSG, Urteil vom 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R als Leitfall).
Krankenhäuser stellen daher in der stationären Versorgung kooperierende (Honorar)Ärzte seitdem üblicherweise nur noch in Teilzeit an.
Eine Vereinbarung über die Erbringung von honorarärztlichen Leistungen durch Niedergelassene für das Krankenhaus (z. B. in der Konstellation honorarärztlicher Operateur und Anästhesist des Krankenhauses; Abrechnung der gesamten Leistungen durch das Krankenhaus) wird deshalb die Hauptpflichten der Parteien (ärztliche Leistungen; Honorarzahlung durch das Krankenhaus an den Arzt) sowie insbesondere Haftungsregelungen beinhalten. Das Honorar für die ärztlichen Leistungen kann dabei grundsätzlich pauschaliert werden (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.2009 – III ZR 110/09). Insbesondere sind die Parteien nicht an die Regelungen der GOÄ oder anderer Gebührenbestimmungen gebunden, solange nichts anderes vereinbart ist. Die Höhe des Honorars muss jedoch angemessen sein, anderenfalls drohen eine berufsrechtswidrige Zuweisung gegen Entgelt (§ 31 MBO-Ärzte) und ggf. strafrechtliche Konsequenzen (§§ 299a, b StGB).
Cave: Nicht angemessene Vergütungen in Kooperationen stellen ein Indiz für eine sog. Unrechtsvereinbarung dar und können insofern insbesondere strafrechtliche Relevanz haben. Keinesfalls darf in einem Austauschgeschäft im Gesundheitswesen – egal welcher Art – der Eindruck erweckt werden, dass neben der Vergütung für die vertragsgemäß erbrachte Leistung noch ein Vergütungsanteil enthalten ist, welcher eine Zuweisungsprämie enthält.