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Digitale Arbeitsverträge

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Justin Doppmeier und dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Sebastian Rümmelein

„Bundesregierung will digitale Arbeitsverträge ermöglichen“ – Die Nachricht liest sich als weiterer Schritt in Richtung Digitalisierung: Arbeitsverträge sollen künftig auch digital, ohne Papier möglich sein.

Doch mussten Arbeitsverträge bisher überhaupt schriftlich abgeschlossen werden? Grundsätzlich ist ein Arbeitsvertrag unabhängig davon gültig, ob er in einer bestimmten Form geschlossen wurde. Eine besondere zwingende Form, wie sie etwa für den Grundstückskaufvertrag in § 311b BGB vorgeschrieben ist, gilt für den Arbeitsvertrag gerade nicht. Arbeitsverträge können schon heute allein durch mündliche Einigung, sprich in einer gegenüber der Textform (z.B. E-Mail) niedrigschwelligeren Form, geschlossen werden. Worauf bezieht sich nun also die Berichterstattung?

Immer wieder wird in der Berichterstattung eine Nachricht von Justizminister Marco Buschmann auf der Plattform X zitiert. Darin heißt es:
„#Bürokratieabbau ist das Gebot der Stunde. Umso mehr freue ich mich, dass wir bei einem zentralen Thema einen wichtigen Durchbruch erzielt haben: Der Ersatz der Schriftform durch die Textform im Nachweisgesetz. Das heißt konkret: Arbeitsverträge können digital vereinbart werden.“
Das Nachweisgesetz verpflichtete Arbeitgeber bereits seit 1995 dazu, ihren Arbeitnehmern auf Anforderung einen schriftlichen Nachweis über die Arbeitsbedingungen auszuhändigen. Mit Wirkung zum 1. August 2022 wurde das Nachweisgesetz in Umsetzung einer europäischen Richtlinie 2019/1152 neu gefasst. Insbesondere muss nun der Nachweis bei neu geschlossenen Arbeitsverträgen unaufgefordert erfolgen. Dieser Nachweis über die Arbeitsbedingungen muss nach aktueller Rechtslage noch schriftlich, also mit eigenhändiger Unterschrift, an den Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Und genau hier setzt der neue Regierungsbeschluss an. Der Nachweis, sprich eine einseitige Wissenserklärung des Arbeitgebers über die einzelnen Arbeitsvertragsbedingungen, soll in Textform nach § 126b BGB abgegeben werden können. Als lesbare, auf einem dauerhaften Datenträger abgegebene Erklärungen erfüllen beispielsweise E-Mails diese Kriterien.

Bisher kann ein in Schriftform geschlossener und dem Arbeitnehmer ausgehändigter Arbeitsvertrag den bisher erforderlichen schriftlichen Nachweis der Arbeitsbedingungen ersetzen (§ 2 Abs. 5 NachwG). Auch deshalb ist es in der Praxis üblich, Arbeitsverträge in schriftlicher Form zu schließen. Zukünftig soll nach dem Regierungsbeschluss auch hier die Textform genügen.

Zu vermuten ist allerdings, dass sich ein eigenhändig unterschriebenes Dokument auch weiterhin deutlich besser zur Klärung von streitigen Beweisfragen eignen wird als sich aufeinander beziehende E-Mails. Es ist also, sofern der Kabinettsbeschluss umgesetzt wird, nicht damit zu rechnen, dass Arbeitsverträge in der Praxis größtenteils in Textform geschlossen werden.
Gerade bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist die Form des Vertrages betreffend mit besonderer Sorgfalt zu agieren:

Nach § 14 Abs. 4 TzBfG unterliegen arbeitsvertragliche Befristungsabreden der Schriftform. Zwar kann diese – anders als bei Kündigungen oder Aufhebungsverträgen nach § 623 BGB – durch die elektronische Form nach § 126a Abs. 2 BGB ersetzt werden, allerdings erfordert die elektronische Form eine qualifizierte elektronische Signatur. Ein Abschluss durch „einfache“ E-Mail ist daher nicht ohne weiteres möglich.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Arbeitsverträge längst ohne Einhaltung irgendeiner besonderen Form wirksam geschlossen werden können. Die durch die Regierung beschlossene Änderung des Nachweisgesetzes wird die verbreitete Praxis schriftlicher Arbeitsverträge aus Gründen der Rechtssicherheit voraussichtlich nicht in erheblichem Maße beeinflussen, zumal befristete Arbeitsverträge nicht wirksam in Textform zustande kommen können.

KWM Autor
Dr. Justin Doppmeier, LL.M.
Rechtsanwalt
Master of Laws (Arbeitsrecht)
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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