KWM BloG

Schiedsgerichtsklauseln – Was ist das und was steckt eigentlich dahinter?

In unserer täglichen Beratungspraxis befassen wir uns häufig mit gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen. Schwerpunkte unserer Tätigkeit liegen in der Erstellung von Gesellschaftsverträgen, beispielsweise für den Zusammenschluss von Ärzten und Zahnärzten zu Berufsausübungsgemeinschaften, und in der Beratung zur Gestaltung der Details solcher Verträge. Einen weiteren Schwerpunkt macht die Prüfung fremd gefertigter Gesellschaftsverträge aus. Sowohl bei der eigenen Vertragserstellung als auch bei der Prüfung und Beurteilung anderer Gesellschaftsverträge geht es wiederkehrend um die Frage, ob eine sogenannte Schiedsgerichtsklausel in den Vertrag implementiert werden soll.

Dies möchten wir zum Anlass nehmen, an dieser Stelle einige grundlegende Fragestellungen zu diesem Thema zu erörtern. Zur Klarstellung: Schiedsgerichtsklauseln kommen nicht nur in Gesellschaftsverträgen vor, sondern können auch in andere Verträge – beispielsweise Praxiskaufverträge – integriert werden. Für unsere Mandanten spielen sie aber hauptsächlich im gesellschaftsrechtlichen Bereich eine Rolle, weshalb dieser als repräsentativer Aufhänger dienen soll.

1. Schiedsgerichtsklausel – Was ist das?

Wer in einen Gesellschaftsvertrag eine Schiedsgerichtsklausel einbaut, bezweckt damit in aller Regel den Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs für sämtliche (oder teils auch nur einzelne) Streitigkeiten, die sich aus diesem Gesellschaftsvertrag ergeben können. Der ordentliche Rechtsweg ist dabei zu verstehen als der gesetzlich vorgesehene staatliche Gerichtszug, der ohne Schiedsgerichtsklausel für potenzielle Klagen aus dem Gesellschaftsvertrag zuständig wäre. Haben sich Gesellschafter in ihrem Gesellschaftsvertrag auf eine Schiedsgerichtsklausel verständigt, heißt das: Kommt es zwischen den Gesellschaftern zu Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen, über die vorgenommene Gewinnverteilung, über die Wirksamkeit einer Kündigung oder über die Abfindung nach dem Ausscheiden von Gesellschaftern, ist für die gerichtliche Verhandlung über diese Streitigkeit nicht das normalerweise zuständige staatliche Gericht – je nach Streitwert das Amtsgericht oder das Landgericht – zur Entscheidung berufen, sondern das Schiedsgericht. Wer entgegen einer wirksamen Schiedsgerichtsklausel einen Rechtsstreit zu einem Gericht des ordentlichen Rechtswegs trägt, wird mit seiner Klage scheitern. Die Klage ist wegen der wirksamen Schiedsgerichtsklausel und der darin zum Ausdruck kommenden Abkehr von der staatlichen Gerichtsbarkeit unzulässig.

2. Was ist ein Schiedsgericht?

Daraus folgt, dass es bei der Vereinbarung von Schiedsgerichtsklauseln darum geht, den ordentlichen Rechtsweg durch ein anderes Judikativorgan zu ersetzen. Dahinter steht der Wille, aus welchen Gründen auch immer Abstand zu nehmen von der Rechtsprechungsgewalt staatlicher Gerichte. Das Schiedsgericht ist ein Gericht, dass aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Vertragsschließenden anstelle der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung im Konfliktfall anzurufen ist.

3. Wo findet man Schiedsgerichte und wer ist Schiedsrichter?

Anders als staatliche Gerichte sind Schiedsgerichte keine fest angesiedelten Gerichte mit fixer Adresse. Kennzeichen des Schiedsgerichts ist, dass die Parteien im Rahmen der Schiedsgerichtsklausel selbst für ihren konkreten Vertrag insbesondere darüber entscheiden können (und sollten!), wo der Schiedsort ist, aus wie vielen Schiedsrichtern ein Schiedsgericht sich zusammensetzt, welche Anforderungen und Qualifikationen die Schiedsrichter aufweisen müssen und auf welche Art und Weise die Schiedsrichter im Streitfall zu bestimmen sind. Kurzum: Die Vertragsparteien haben es – unter Berücksichtigung gewisser Grenzen – selbst in der Hand, die Leitplanken vorzugeben, nach denen sich die Bestellung des Schiedsgerichts und der Verfahrensablauf auszurichten haben.

4. Was sind Vor- und Nachteile?

Bei der Überlegung, ob man eine Schiedsgerichtsklausel in den Vertrag einbauen sollte, gibt es kein pauschales Richtig oder Falsch. Hat jemand mit der staatlichen Gerichtsbarkeit schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht, tendiert er möglicherweise eher zu einer Schiedsgerichtsklausel. Auch das Gegenteil kann natürlich der Fall sein: Wessen Glauben an und Vertrauen auf die staatlichen Gerichte groß ist, der wird eine Schiedsgerichtsklausel nicht in Betracht ziehen. Für Unvoreingenommene sollen im Folgenden ohne Anspruch auf Vollständigkeit die wesentlichen Vor- und Nachteile des schiedsgerichtlichen Verfahrens kurz skizziert werden.

Schnellere Rechtssicherheit

Man muss sich vor Augen führen, dass der ordentliche Rechtsweg jedenfalls im Ansatz darauf ausgelegt ist, dass es mehrere Instanzen gibt. Ist man mit der Entscheidung in unteren Instanzen unzufrieden, gibt es vorbehaltlich der Zulässigkeit dieser Rechtsmittel die Möglichkeit, je nach Einschlägigkeit Berufung oder Revision hiergegen einzule-gen und den Sachverhalt sowie die beanstandete Entscheidung in höheren Instanzen erneut prüfen zu lassen. Diese Instrumente stehen der unterliegenden Partei im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht offen. Der vom Schiedsgericht zu fällende Schiedsspruch ist für beide Parteien als einzige und endgültige Entscheidung verbindlich und kann nur unter sehr engen Voraussetzungen von einem staatlichen Gericht überprüft werden. Jedenfalls im Vergleich zu ei-nem über mehrere Instanzen der staatlichen Gerichtsbarkeit geführten Rechtsstreit ist die finale Entscheidung im Schiedsgerichtsverfahren daher in den meisten Fällen schneller getroffen. Der Vorteil besteht also darin, dass schnel-ler für Rechtssicherheit gesorgt wird. Gegner von Schiedsgerichtsklauseln drehen den Spieß an dieser Stelle um und sehen es vielmehr als Nachteil, den Schiedsspruch außer in hier zu vernachlässigenden Ausnahmekonstellationen nicht mehr in weiteren Instanzen überprüfen lassen zu können.

Nichtöffentlichkeit

Als Vorteil wird ferner oft empfunden, dass Schiedsgerichtsverhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durch-geführt werden. Verfahren vor den staatlichen Gerichten finden vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips öffentlich statt. Das bedeutet, dass jeder Interessierte im Rahmen der Kapazitäten des Gerichtssaals als Zuschauer eine Verhandlung verfolgen kann. Da das Schiedsgericht auf rein privatrechtlicher Grundlage konstituiert wird, spielt der Öffentlichkeitsgrundsatz in diesem Setting keine Rolle. Ob es sich hierbei um ein zentrales Argument handelt, muss im Einzelfall im Rahmen einer Risikoprognose dahin gehend bedacht werden, ob mit der Teilnahme Dritter zu rechnen wäre und ob die Teilnahme Dritter als störend empfunden würde.

Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens

Als zweischneidiges Schwert erweisen sich ferner die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens. Befürworter von Schiedsgerichtsklauseln argumentieren mit deutlich geringeren Kosten, die im Vergleich zu einem Rechtsstreit vor den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit anfallen. Gegner des Schiedsgerichtsverfahrens verkehren diese Sichtweise in ihr Gegenteil und stellen Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens als im Vergleich zu staatlichen Gerichtskosten spürbar höher dar. Obwohl diese Sichtweisen kaum in Einklang zu bringen zu sein scheinen, sind doch beide richtig. Der Hintergrund: Vergleicht man die für ein Schiedsgerichtsverfahren anfallenden Kosten mit den für ein Verfahren vor den staatlichen Gerichten in mehreren Instanzen kumuliert anfallenden Kosten, wird das Schieds-gerichtsverfahren regelmäßig kostengünstiger sein. Stellt man dagegen als Vergleichsmaßstab auf die Kosten nur des erstinstanzlichen Verfahrens ab, schneidet das Schiedsgerichtsverfahren üblicherweise teurer ab. Dabei ist zu beachten, dass die Gebühren für das Schiedsgericht von verschiedenen Faktoren abhängen (u.a. Anzahl der Schieds-richter, Anwendbarkeit einer Verfahrensordnung).

Fehlen von Zwangsmitteln

Nachteilig kann sich auswirken, dass den Schiedsrichtern als im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung eingesetzten Entscheidungsträgern anders als Richtern der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht die nur staatlich legitimier-bare Gewalt offensteht, auf Zwangsmittel z.B. in Form von Ordnungsgeldern beim Ausbleiben etwaiger Zeugen o.Ä. zurückzugreifen. Hierdurch kann das effektive Verfahren behindert oder zumindest verzögert werden.

5. Was gibt es sonst zu beachten?

Wer nach Abwägung des Für und Wider Gefallen am Schiedsgerichtsverfahren findet, dem steht es offen, eine entsprechende Klausel mit seinem Gegenüber in den jeweils betreffenden Vertrag einzubauen.

Bei der Formulierung sollte unbedingt anwaltliche Hilfe beansprucht werden. Die sich zumeist am Ende von Verträgen findende Schiedsgerichtsklausel ist nämlich alles andere als unwichtiges Beiwerk zur Schlusslektüre, sondern ungemein wichtig. Man muss sich an dieser Stelle nochmals vergegenwärtigen, dass man sich selbst mit der Schiedsgerichtsklausel das Recht nimmt, Rechtsschutz bei einem staatlichen Gericht zu ersuchen. Deswegen ist es im eigenen Interesse von elementarer Wichtigkeit, dass die Schiedsgerichtsklausel klar formuliert ist und einen konkreten und bestimmten Weg für die Bestellung des Schiedsgerichts sowie für den Ablauf des Verfahrens vorgibt. Dabei ist es durchaus möglich, vorgeebnete Pfade zu beschreiten und für sämtliche wichtigen Aspekte auf die Schiedsordnungen von eigens für die Bereitstellung von Schiedsgerichtsplattformen errichteten Organisationen wie der DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit) zu verweisen. Wenngleich für die Beanspruchung der Infrastruktur solcher Organisationen eine streitwertabhängige Gebühr erhoben wird, wird auf diese Weise jedenfalls ein erhebliches Maß an Rechtssicherheit gewährleistet.

Darüber hinaus bietet es sich an, vor der vertraglichen Vereinbarung von Schiedsgerichtsklauseln eine bestehende Rechtsschutzversicherung vorab zu befragen, ob und mit welchen Beschränkungen die unterhaltene Police auch etwaige Schiedsgerichtsverfahren abdeckt. Auch diese Information kann ausschlaggebend für die Gestaltungsüberlegungen sein.

KWM Autor
Dr. Maximilian Koddebusch, LL.M.
Rechtsanwalt
Master of Laws (Medizinrecht)
Fachanwalt für Medizinrecht
Blog
Ein Ort für strahlendes Kinderlächeln: Wann ist die Bezeichnung als Kinderzahnarztpraxis erlaubt?
Blog
Werbung für Schönheitsoperationen: Vorher-Nachher-Bilder im Fokus der Justiz
Blog
Scheinselbstständigkeit – Neues Urteil
Blog
Wirksamkeit von Vertragsregelungen zur Bindung von vertragsärztlichen Zulassungen
Blog
Der Praxismietvertrag: Eine wichtige Säule für den Praxisbetrieb
Blog
Letzte Runde für investorengetragene MVZ?

Kontaktieren Sie uns