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Reform des Personengesellschaftsrechts: Besteht aktuell Handlungsbedarf? – Ein Überblick

Ein Beitrag von Dr. Tobias List und Dr. Ralf Großbölting.

Viele unter Ihnen haben vielleicht schon erste Newsletter oder Anschreiben der (Zahn)Ärztekammer oder der K(Z)V erhalten: Ab Anfang kommenden Jahres steht eine große Gesellschaftsrechtsreform an, die auch Sie im Bereich Ihrer (zahn)ärztlichen Kooperation betreffen wird. Neben einigen Anpassungen, die Sie vor allem bei Ihren Gesellschaftsverträgen vornehmen sollten, sind es vor allem neue Möglichkeiten, die sich Ihnen ab dem 01.01.2024 bieten werden.

Ein Überblick:

Bei Beibehaltung der GbR-Struktur: Regelung der Rechtsformvariante

Nach dem neuen § 705 Abs. 2 BGB-E wird ausdrücklich zwischen der rechtsfähigen GbR und der nicht rechtsfähigen GbR unterschieden. Die Unterscheidung bemisst sich danach, ob die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (dann rechtsfähig) oder nur den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dient (dann nicht rechtsfähig). Nur die rechtsfähige Gesellschaft kann selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Ein entsprechend klarstellender Zusatz im Gesellschaftsvertrag ist insbesondere in solchen Konstellationen empfehlenswert, in denen die Abgrenzung nicht ohne weiteres möglich ist, z.B. bei Praxisgemeinschaften.

Umwandlungsfähigkeit der GbR in GmbH und Öffnung für andere Gesellschaftsformen

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird die Umwandlung der GbR in insbesondere eine GmbH erleichtert.
Eine eingetragene GbR (eGbR; siehe dazu unten unter „Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister“ mehr) kann zukünftig formwechselnder Rechtsträger sein, mit der Folge, dass der bisher notwendige Zwischenschritt über eine PartG bei der Umwandlung einer GbR in eine GmbH nicht mehr notwendig ist. Infolge dieser Erleichterung können Zeit und Kosten gespart werden. Die Umwandlung ist insoweit nicht mehr (wesentlich) aufwendiger als die Neugründung einer GmbH.

Cave: Durch eine Umwandlung erhält ein Rechtsträger eine andere Rechtsform ohne Veränderung der Identität der umgewandelten Gesellschaft. Die GmbH ist dann Rechtsnachfolgerin der GbR, d.h. Vermögen sowie Rechte und Pflichten der GbR gehen auf die GmbH über. Dies ist für Sie insbesondere dann von Bedeutung, wenn Sie beispielsweise bislang als GbR organisierte Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) als Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in der Gesellschaftsform einer GmbH fortführen möchten.

Darüber hinaus eröffnet das MoPeG den freien Berufen in Zukunft grundsätzlich die Möglichkeit, sich zu Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG, GmbH & Co. KG) zusammenzuschließen.

Diesbezüglich wird allerdings noch Zurückhaltung geboten sein – diese Möglichkeit steht unter einem berufsrechtlichen Vorbehalt. Die neue Regelung findet insofern nur Anwendung, soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt. Eine entsprechende Anpassung der Berufsordnungen durch die Landes(zahn)ärztekammern ist bislang nicht geplant.

Eintragung der Gesellschaft in das Gesellschaftsregister

Durch das MoPeG wird ein Gesellschaftsregister eingeführt, durch das mehr Transparenz geschaffen werden soll. Dieses wird bei den Amtsgerichten geführt. Die Anmeldung zum Gesellschaftsregister erfolgt in öffentlich beglaubigter Form, d.h. über einen Notar oder eine Notarin.
Grundsätzlich ist die Registrierung in diesem Gesellschaftsregister fakultativ.
Ein faktischer Zwang zur Eintragung in das Register entsteht allerdings in folgenden Fällen:

  • Die GbR tätigt Grundstücksgeschäfte
  • Es soll ein Rechtsformwechsel von GbR zu GmbH stattfinden
  • Möglicherweise werden in Zukunft Institutionen wie Banken und Versicherungen oder auch öffentliche Behörden die Eintragung der GbR für den Rechtsverkehr verpflichtend einführen
  • Aber auch in den Fällen, in denen kein faktischer Zwang besteht, ist eine Eintragung möglicherweise sinnvoll. Vor- und Nachteile einer solchen Eintragung sollten allerdings in jedem Fall sorgfältig abgewogen werden.
  • Vorteile einer Eintragung in das neue Gesellschaftsregister
  • Ist die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen, besteht die Möglichkeit einen Ort im Inland als Vertragssitz zu vereinbaren (Sitzwahlrecht)
  • Mit der Eintragung in das öffentliche Register geht eine Publizitätswirkung einher, jeder kann die Gesellschaftsverhältnisse (Identität der Gesellschafter, Vertretungs- und Haftungsverhältnisse) einsehen. Mit dieser Offenlegung geht im Rechtsverkehr ein erhöhtes Vertrauen gegenüber der Gesellschaft einher.
  • Durch eine solche Eintragung werden auch die internen Verhältnisse jedenfalls in den wesentlichen Punkten schriftlich geklärt, sofern noch kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist.
  • Nachteile einer Eintragung in das Gesellschaftsregister
  • Mit dem öffentlichen Glauben, der dem Gesellschaftsregister zukommen wird, gehen auch Risiken einher. Der öffentliche Glaube schützt (in Grenzen) den gutgläubigen Rechtsverkehr in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit der Eintragungen in dem entsprechenden Register. Um infolgedessen nicht an unrichtigen bzw. unrichtig gewordenen Eintragungen festgehalten werden zu können, müssten die Registereintragungen zwingend stets aktuell gehalten werden.
  • Nach Eintragung der Gesellschaft ist eine Löschung nur nach den allgemeinen Vorschriften möglich, d.h. erst nach Liquidation.

Eine pauschale Empfehlung kann weder in die eine noch in die andere Richtung ausgesprochen werden, sondern ist von Ihrer individuellen Konstellation abhängig.
Mit der Eintragung in das Register ist eine GbR dann verpflichtet, als Namenszusatz die Bezeichnungen „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen.

Vertretung der Gesellschaft

Das MoPeG sieht für die Vertretung der GbR zukünftig vor, dass diese grundsätzlich von allen Gesellschaftern gemeinsam vertreten wird, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht etwas anderes bestimmt.

Dies bedeutet eine Abkehr von der bisherigen Rechtslage, nach der im Zweifel ein geschäftsführungsbefugter Gesellschafter ermächtigt ist, die anderen Gesellschafter Dritten gegenüber zu vertreten.

Das bedeutet für Sie:
Sollten Sie es im Rahmen ihrer GbR vorziehen, dass nur einzelnen Gesellschaftern die Befugnis zukommen soll, die Gesellschaft zu vertreten und Sie haben dahingehend noch keine ausdrückliche Regelung im Gesellschaftsvertrag getroffen, dann sollte dies vor Inkrafttreten der neuen Regelung nachgeholt werden. Ziehen Sie eine Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister in Betracht, ist die Angabe der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter ohnehin zwingend.

Haftung (bei Beibehaltung der GbR-Struktur)

Im Außenverhältnis, d.h. Dritten gegenüber, haften die Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschafter den Gläubigern bislang und auch in Zukunft als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam, d.h. die Haftung kann Dritten gegenüber durch eine interne vertragliche Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag nicht ausgeschlossen werden. So war es bisher und so wird es auch mit Inkrafttreten des MoPeG bleiben. Eine Haftungsbeschränkung durch vertragliche Vereinbarungen mit den Vertragspartnern bleibt weiterhin möglich.

Das MoPeG bewirkt allerdings eine Haftungsverschärfung im Innenverhältnis der GbR, d.h. im Verhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Gesellschaft selbst. Bislang gilt, dass ein Gesellschafter bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt („diligentia quam in suis“).

Das bedeutet, dass sich die Beurteilung des Verschuldens des Gesellschafters bei der Erfüllung bzw. Verletzung einer ihm obliegenden Verpflichtung schon von Gesetzes wegen an dessen subjektiven Fähigkeiten orientiert. Vor diesem Hintergrund empfahl sich bislang die Abbedingung dieser Regel im Gesellschaftsvertrag, womit sichergestellt war, dass die Gesellschafter der GbR bei ihrer ärztlichen Berufsausübung die Sorgfalt eines objektiv gewissenhaften Arztes anzuwenden haben.

Diese „verschärfte Haftung“ wird nunmehr auch gesetzlicher Standard, sodass Partner, die eine andere interne Haftung regeln möchten, nunmehr ergänzende Regelungen in ihrem Vertrag treffen müssen.

Kündigung der Gesellschaft

Nach § 725 BGB-E kann ein Gesellschafter im Fall einer auf unbestimmte Zeit errichteten GbR nur noch mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres gegenüber der Gesellschaft kündigen, nicht mehr jederzeit.

Sofern Sie von dieser gesetzlichen Regelung abweichen und eine kürzere oder längere Frist festlegen möchten, muss dies mit In Kraft treten der neuen Regelung im Gesellschaftsvertrag schriftlich festgehalten worden sein.

Ausscheiden aus der Gesellschaft

Anders als bisher ist nunmehr gesetzlich vorgesehen, dass der Tod eines Gesellschafters, dessen Kündigung der Mitgliedschaft, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen und die Ausschließung des Gesellschafters aus wichtigem Grund nicht zur Auflösung der Gesellschaft, sondern lediglich zum Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft führen.
Wenn Sie von dieser gesetzlichen Regelung abweichen möchten – ob durch die Vereinbarung, dass die Gesellschaft bei Eintreten dieser Gründe weiterhin aufgelöst wird oder durch die Vereinbarung weiterer Gründe, die zu einem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der GbR führen oder auch die Vereinbarung, dass im Fall des Todes des Gesellschafters eine andere Person in die Gesellschaft eintreten darf – besteht je nach bisheriger Ausgestaltung Ihres Gesellschaftsvertrages Handlungsbedarf.

Wie Sie sehen, neben vereinzelten Punkten, die neu geregelt werden müssen/können, sind es vor allem neue Chancen, die Ihnen das neue Gesetz bieten wird. Sprechen Sie uns gerne an und diskutieren Sie mit uns Ihren individuellen Fall. Wir freuen uns auf Ihre individuellen Fragen.

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