In den durch die Fachkreise mit Spannung beobachteten Verfahren des Sozialgerichts München (S 49 KA 5036/23 und S 49 KA 5037/23) hat das Sozialgericht mit Urteilen vom 29.02.2024 entschieden, dass – unabhängig vom unberührten Status eines zugelassenen MVZ mit ärztlichem Leiter – ein MVZ die Berechtigung zur Abrechnung der erbrachten Leistungen für Zeiträume verliert, in welchen der Ärztliche Leiter für einen nicht unerheblichen Zeitraum nicht in der Praxis anwesend war.
Den Verfahren liegt ein Fall zugrunde, in welchem der Zahnärztlichen Leiterin des beigeladenen und durch KWM LAW vertretenen MVZ schwangerschaftsbedingt ein arbeitgeberseitiges Beschäftigungsverbot erteilt worden war. Seitens des MVZ war die Meldung des Beschäftigungsverbots der Zahnärztlichen Leitung bei der zuständigen KZV Bayerns sowie die Benennung einer neuen Zahnärztlichen Leitung erst mit einigem zeitlichen Versatz erfolgt, sodass der Zulassungsausschuss erst ca. vier Monate nach Beginn des Beschäftigungsverbots den Wechsel der Zahnärztlichen Leitung feststellte. Die Kostenträger stellten im Nachgang Anträge auf Einleitung eines Verfahrens zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung mit der Begründung, dass das MVZ im betreffenden Zeitraum ohne Zahnärztliche Leitung und damit nicht abrechnungsfähig gewesen sei. Die KZVB lehnte die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens ab, da der Zulassungsstatus während des betreffenden Zeitraums unverändert fortbestand.
Im Ergebnis ist das Gericht der Auffassung der Kostenträger gefolgt und verurteilte die KZVB, die Anträge der Kostenträger auf Einleitung der Abrechnungsprüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Entscheidung dürfte, sollte sie rechtskräftig werden, für erhebliche Auswirkungen in der Praxis sorgen. In der Konsequenz der Auffassung des Gerichts, dass die faktische Abwesenheit eines Zahnärztlichen Leiters trotz unveränderten Status und ohne dass – wie hier – die Form der abgegebenen Garantieerklärung im Rahmen der Sammelabrechnung als solche zu beanstanden wäre, werden künftig auch sachlich-rechnerische Richtigstellungen in solchen Fällen zu erwarten sein, in denen ein Zahnärztlicher Leiter für einen nicht nur unerheblichen (noch zu definierenden) Zeitraum im Urlaub oder arbeitsunfähig krank sein sollte, ebenso in Fällen, in welchen bei Groß-MVZ die schiere Anzahl der dort tätigen Berufsträger den Ärztlichen Leiter, der gegebenenfalls nur mit hälftiger (Angestellten-)Zulassung im MVZ tätig ist, faktisch überfordern. Es werden sich sodann Folgefragen dahingehend stellen, ob die Position des Ärztlichen Leiters überhaupt mit einer Teilzeitbeschäftigung / einem hälftigen Versorgungsauftrag vereinbar ist, obgleich dies zulassungsrechtlich unstreitig möglich ist; ferner, ob für Praxisabgeber, die zugunsten der Anstellung in einem MVZ auf ihre Zulassung verzichten und die Ärztliche Leitung übernehmen, die häufig sehr großzügigen Urlaubsregelungen in den zugrunde liegenden Anstellungsverträgen aufrecht erhalten bleiben können.
Gegen die Urteile wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Berufung beim Landessozialgericht eingelegt werden. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen zum Zeitpunkt dieser Meldung noch nicht vor.