Seit Beginn des Jahres unterliegen Zahnärzte wieder – wie zuletzt bis zum Jahr 2012 – einer strikten Budgetierung. Damit die Kosten für die zahnärztlichen Versorgungen nicht ausufern, wurde in den Neunzigerjahren ein Budget für die Zahnarztpraxis eingeführt. In unserem nachfolgenden Beitrag möchten wir kurz darstellen, weshalb es erneut zur strikten Budgetierung kam, welche wirtschaftlichen Auswirkungen dies für Ihre Zahnarztpraxis hat und wieso jetzt schnelles Handeln gefragt ist.
Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – Was regelt es?
Am 20.10.2022 verabschiedete der Bundestag – trotz massiver Kritik der Zahnärzteschaft – den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG). Kern des Gesetzes sind Finanzreformen in allen Bereichen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dadurch soll das von der Vorgängerregierung hinterlassene 17 Milliarden große wirtschaftliche Defizit ausgeglichen werden. Mit der im Gesetz enthaltenen strikten Budgetierung für die Jahre 2023 und 2024 werden für den Bund Kosten – auf Kosten der Zahnärzteschaft – eingespart. Die Ende letzten Jahres geäußerte Kritik der Zahnärzteschaft an diesem Gesetzesvorhaben und den damit einhergehenden wirtschaftlichen Folgen sind nun in der zahnärztlichen Praxis angekommen.
Rückkehr zur Budgetierung in der vertragszahnärztlichen Versorgung
Die Gesamtvergütung der Gesetzlichen Krankenversicherung wird maßgeblich durch § 85 SGB V geregelt. Für die zahnärztliche Praxis sind insbesondere die neu eingefügten Absätze § 85 Abs. 2d und Abs. 3a SGB V von Bedeutung. Danach darf ein Anstieg des Honorarvolumens für zahnärztliche Leistungen ohne Zahnersatz in den Jahren 2023 und 2024 gegenüber dem Vorjahr nur in einer gesetzlich vorgegebenen Höhe erfolgen. Dies führt zu einer strikten Budgetierung der Gesamtvergütung für die vertragszahnärztliche Tätigkeit und der Anwendung eines Honorarverteilungsmaßstabs (HVM).
Wirtschaftliche Folgen
Die strikte Budgetierung des GKV-FinStG kann dazu führen, dass zahnärztliche Leistungen trotz wirtschaftlicher Behandlungsweise nicht vergütet werden.
Stellen wir uns folgendes Beispiel aus der Praxis vor: Seit 2021 haben Patienten einen Rechtsanspruch auf eine fortschrittliche PAR-Behandlung (Paradontitis) gemäß der PAR-Richtlinie. Führt jedoch diese Behandlungsmethode zu einer Überschreitung des Budgets, können Zahnärzte unter Umständen gezwungen sein, kostenlos zu behandeln (vgl. BSG, 14.03.2001 – B 6 KA 36/00 R). Eine Ablehnung der Behandlung ist keine Option. Die strikte Budgetierung bei gleichbleibendem Leistungsanspruch der Versicherten, Inflation und expandierender Kostenentwicklung, kann die wirtschaftliche Existenz der Zahnarztpraxis ernsthaft gefährden.
Honorarbescheid erhalten? – Vorsicht Frist!
In den letzten Wochen haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (KZV) die Honorarbescheide zum Quartal I/2023 erlassen. Das, was Ende letzten Jahres in der Theorie durch die Zahnärzteschaft stark kritisiert wurde, ist nun bittere Realität geworden. Die Honorarbescheide der KZVen fallen durch die starke Budgetierung deutlich geringer aus und legen in vielen Fällen exorbitant hohe Honorareinbehalte fest, die zu starken wirtschaftlichen Beeinträchtigungen bei den Zahnarztpraxen führen. Doch was können Sie dagegen tun? Schnelles Handeln ist jetzt gefragt.
Der Honorarbescheid der KZV stellt einen sog. Verwaltungsakt dar (vgl. § 31 SGB X), der mit dem Widerspruch angegriffen werden kann. Es ist wichtig zu wissen, dass der Honorarbescheid bestandskräftig wird, wenn er nicht rechtzeitig durch Einlegung eines Widerspruchs angefochten wird, unabhängig davon, ob er rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Wird der Bescheid bestandskräftig, kann gegen die Honorareinbehalte nicht mehr vorgegangen werden.
Damit ein Widerspruch Aussicht auf Erfolg hat, ist einiges zu beachten. Insbesondere müssen die gesetzlichen Vorgaben zu Form und Frist zwingend eingehalten sein. Der Widerspruch muss binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids schriftlich oder zur Niederschrift bei der KZV, die den Honorarbescheid erlassen hat, eingelegt werden. Eine Verlängerung der Frist ist ausgeschlossen. Die jeweilige Bekanntgabe und der Fristablauf sind stets im Einzelfall zu prüfen.
Einige KZVen versenden Schreiben mit informatorischem Charakter, die eine bloße Mitteilung über Honorareinbehalte und deren Verrechnung mit dem Honorar für das bevorstehende Quartal enthalten. Unter Verweis auf den zum Jahresabschluss ergehenden Honorarbescheid, gegen den Rechtsbehelf eingelegt werden könne, enthalten diese Schreiben keine eigene Rechtsbehelfsbelehrung. Dadurch wird die einmonatige Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt, und der Bescheid kann innerhalb eines Jahres durch einen Widerspruch angefochten werden.
Sie haben kürzlich auch Ihren Honorarbescheid QI/2023 erhalten und haben Fragen? Sind Sie von der strikten Budgetierung betroffen und wünschen vor diesem Hintergrund eine Beratung zur Optimierung der Wirtschaftlichkeit Ihrer Praxis? Aufgrund der drohenden Fristabläufe und hohen wirtschaftlichen Relevanz der Thematik empfehlen wir dringend, die Honorarbescheide QI/2023 nicht einfach unwidersprochen hinzunehmen. Gerne unterstützen wir Sie dabei. Als erfahrene und spezialisierte Fachanwälte für Medizinrecht beraten und vertreten wir Sie bundesweit in jedem Verfahrensstadium. Zögern Sie nicht, unverbindlich Kontakt zu uns aufzunehmen.