Ein Beitrag von Rechtsanwältin Elke Best und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Nicola Reichel
Ganz regelmäßig schließen sich Ärztinnen und Ärzte aufgrund der damit verbundenen Vorteile in Berufsausübungsgemeinschaften (kurz: BAG) zusammen. Doch auch wenn die Zusammenarbeit auf einen längeren Zeitraum angelegt ist, muss der Fall des Ausscheidens eines Arztes – aus welchem Grund auch immer – im Vorhinein juristisch präzise geregelt werden. Dabei steht in überversorgten Planungsbereichen, in denen Niederlassungssperren angeordnet sind, neben den komplexen Abfindungen und Konkurrenzschutz insbesondere auch eine Vertragsregelung zur Bindung von vertragsärztlichen Zulassungen im Fokus.
Grundsätzlich ist der ausscheidende Arzt Träger der ihm regulatorisch persönlich zugeordneten vertragsärztlichen Zulassung. Konträr dazu besteht auf Seiten der verbleibenden Gesellschafter und der Gesellschaft das Interesse, diesen Vertragsarztsitz auszuschreiben, mit einem Nachfolger (Neu-Gesellschafter oder Angestellter) nachzubesetzen und somit den Fortbestand der Praxis zu schützen. Auf beiden Seiten ist das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG berührt. Aufgrund des daraus resultierenden Regelungsbedürfnisses und dem (jedenfalls im Zeitpunkt des Zusammenschlusses) Wunsch aller Gesellschafter, die Praxis in ihrem Bestand zu schützen, werden solche Verträge oft mit einer Zulassungsbindungsklausel versehen, deren Wirksamkeit jedoch von verschiedenen Umständen des konkreten Einzelfalls abhängt.
Ende des Jahres 2023 hatte das Kammergericht Berlin über die Berufung in einem solchen Fall zu entscheiden (Az.: 2 U 83/21; 38 O 118/20 LG Berlin). Zwei jüngere Ärztinnen und ein älterer Arzt schlossen sich zu einer überörtlichen BAG in (im Wesentlichen) getrennter wirtschaftlicher Verantwortung der Standorte zusammen. Das Ausscheiden des älteren Arztes und damit die Dauer seiner Tätigkeit in der BAG waren entgegen üblichen Konstellationen konkret geregelt. Der Vertrag sah zudem vor, dass der Arzt vor Ausscheiden aus der BAG fristgerecht einen Antrag auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes stellen muss, um den verbleibenden Gesellschafterinnen die Möglichkeit zu geben, den Vertragsarztsitz, das verbundene Budget sowie den Patientenstamm zu übernehmen. Bei Nichteinhaltung der Verpflichtung war eine Vertragsstrafe von 100.000,00 Euro vereinbart. Nach einem Streit der Parteien erklärte der Arzt noch vor Ablauf der geplanten Dauer der Zusammenarbeit die Kündigung aus wichtigem Grund, hilfsweise die ordentliche Kündigung, und verwertete einen Praxisstandort und seine Zulassung allein. Sowohl das Landgericht als auch das Kammergericht konnten in der Regelung zur Vertragsstrafe keine Sittenwidrigkeit erkennen und beurteilten die Klausel als zulässig. Zudem sei auch die zusätzliche Vereinbarung über die im Belieben der verbleibenden Gesellschafterinnen stehende Möglichkeit, statt der Übernahme des Praxisstandorts lediglich den Versorgungsauftrag zu integrieren, nicht zu beanstanden. Es handle sich bei dem Gesellschaftsvertrag nicht um einen Scheinvertrag, der einen Praxiskauf verschleiern sollte.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin wurde somit zurückgewiesen.
Praxishinweis:
Letztlich hängt die Beantwortung vieler Fragen davon ab, ob die Interessen des einzelnen Vertragsarztes an seiner Berufsausübungsfreiheit höher eingestuft werden als diejenigen der Berufsausübungsgemeinschaft und deren Gesellschafter. Der Gesellschaftsvertrag muss präzise und ausgewogene Regelungen treffen, welche die zivilrechtlichen und regulatorischen Besonderheiten bei Zusammenschlüssen von (Zahn-)Ärzten unbedingt beachtet.