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Elektronische Arbeitszeiterfassung

Ein Beitrag von Dr. Justin Doppmeier und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Henriette Schwartau.

Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung – Allerdings nicht für Kleinbetriebe

Das Thema der verpflichtenden Arbeitszeiterfassung beschäftigt schon seit mehreren Jahren die Arbeitswelt. Auslöser war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2019 (Urt. v. 14.05.2019, Az.: C-55/18), nach welchem die EU-Mitgliedsstaaten die Arbeitgeber zu verpflichten haben, ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen, mit dem die von jedem Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann. Die konkreten Folgen des Urteils auf nationaler Ebene waren jedoch lange unklar. Mit Beschluss des Bundesarbeitsgerichts aus September 2022 (Beschl. v. 13.09.2022, Az.: 1 ABR 22/21) wurde klargestellt, dass mit der geltenden Gesetzeslage bereits eine Pflicht der deutschen Arbeitgeber besteht, die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer (ab sofort) zu erfassen. Solange der Gesetzgeber jedoch keine konkretisierenden Vorgaben getroffen habe, stehe dem Arbeitgeber die Art und Weise der Arbeitszeiterfassung (etwa handschriftlich oder digital) frei.

Diese Situation hat den Deutschen Gesetzgeber nun wiederum veranlasst, einen Gesetzesentwurf zur elektronischen Zeiterfassung in den Deutschen Bundestag einzubringen. Nach dem Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für Arbeit und Soziales vom 18.04.2023 sollen Unternehmen zukünftig verpflichtet sein, alle geleisteten Arbeitsstunden elektronisch zu erfassen. Ausnahmen wird es danach nur für Kleinbetriebe und Tarifpartner geben.

Inhalt der Neuregelungen

So soll der Beginn, die Dauer und das Ende der Arbeitszeit elektronisch erfasst werden. Dies gilt auch für etwaige Überstunden und Pausenzeiten. Die Arbeitszeit ist zudem am Tag der Arbeitsleistung aufzuzeichnen. Als elektronische Erfassung gelten nicht nur Zeiterfassungstools, sondern auch Excel-Tabellen oder die Benutzung einer App.

Die Aufzeichnungen sollen zudem für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, zumindest jedoch für zwei Jahre aufbewahrt werden. Auch eine Delegation der Aufzeichnung der Arbeitszeiterfassung ist denkbar – der Arbeitgeber trägt aber weiterhin die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Dokumentierung. Außerdem soll es nach der Gesetzesbegründung weiterhin möglich sein, eine sogenannte Vertrauensarbeitszeit zu vereinbaren. Dem Konflikt zwischen der Arbeitszeiterfassung und der Vertrauensarbeitszeit soll der neugefasste § 18 Abs. 4 ArbZG-E Rechnung tragen, indem auf die Kontrolle der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit durch den Arbeitgeber verzichten werden kann. Zudem bestehe nach der Gesetzesbegründung auch die Möglichkeit einer „kollektiven Arbeitszeiterfassung“, dadurch dass beispielsweise Schichtpläne zur Erfassung der Arbeitszeit genutzt werden können. Dabei ist zu beachten, dass Abweichungen davon sowie Überstunden oder Mehrarbeit ebenfalls elektronisch erfasst werden müssen.
Verstöße gegen die Arbeitszeiterfassungspflicht sollen nach neuer Gesetzeslage eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die eine empfindliche Geldbuße von bis zu 30.000 € nach sich ziehen können.

Übergangsfristen

Nach § 16 Abs. 8 ArbZG-E soll eine nach Unternehmensgröße gestaffelte Übergangszeit gelten. Demnach muss der Arbeitsgeber grundsätzlich bis zu einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes die Arbeitszeit nicht elektronisch erfassen, bei weniger als 250 Arbeitnehmern beträgt die Übergangszeit zwei Jahre und bei weniger als 50 Arbeitnehmern fünf Jahre. Vollständig von der Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung ausgenommen sind Arbeitgeber mit bis zu zehn Arbeitnehmern. Diese Kleinbetriebe können ihrer Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch weiterhin beispielsweise handschriftlich nachkommen. Darauf zu achten ist jedoch, dass sich die Anzahl der Mitarbeiter nicht nach der vielen Praxisinhabern bekannten Rechenmethode für die Ermittlung des Kleinbetriebs nach dem Kündigungsschutzgesetz bemisst, sondern in der vorliegenden Konstellation pro Kopf gezählt wird. Viele Praxen, die in Summe mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigen, werden daher langfristig auch unter die elektronisch Zeiterfassungspflicht fallen.

Ausblick

Arbeitgebern ist zu raten, das Gesetzgebungsverfahren und dessen Ausgang achtsam im Blick zu behalten. Zwar gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bereits zu diesem Zeitpunkt. Wird jedoch – wie aktuell zu erwarten – die elektronische Arbeitszeiterfassung gesetzlich verpflichtend, sollte dessen Zeitnahme Implementierung in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter erfolgen, damit das Risiko eines Bußgeldes nach Ablauf der Übergangsfristen ausgeschlossen wird.

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