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Böswilliges Unterlassen anderweiten Verdienstes nach arbeitgeberseitiger Kündigung

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Justin Doppmeier und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Thea Krekeler

Annahmeverzugslohn und böswilliges Unterlassen – Klarstellung durch das BAG

Im Fall einer arbeitgeberseitigen Kündigung kann dem Arbeitnehmer bei gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn zustehen. Dieser Anspruch umfasst die Fortzahlung des Gehalts vom Zugang der Kündigung bis zur gerichtlichen Entscheidung – auch über das geplante Beendigungsdatum hinaus.

Allerdings muss sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen, was er in dieser Zeit verdient oder böswillig zu verdienen unterlassen hat. Die Anrechnung tatsächlicher Einnahmen ist meist unproblematisch. Schwieriger ist die Bewertung des „böswilligen Unterlassens“ gemäß § 11 Nr. 2 KSchG. Hierfür ist eine Gesamtwürdigung des konkreten Falls erforderlich.

BAG-Urteil vom 7. Februar 2024 (5 AZR 177/23)

Das Bundesarbeitsgericht präzisiert in seiner Entscheidung die Anforderungen an das Verhalten von Arbeitnehmern im Annahmeverzugszeitraum. Grundsätzlich müssen sich Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung arbeitssuchend melden – unterlassen sie dies, wirkt sich das negativ aus.

Geht der Arbeitnehmer auf Vermittlungsvorschläge der Arbeitsagentur ein, wird ihm keine vorsätzliche Untätigkeit unterstellt. Das BAG stellt jedoch klar, dass Arbeitnehmer sich in bestimmten Fällen auch selbst aktiv um Beschäftigung bemühen müssen, wenn sich zumutbare Möglichkeiten anbieten. Ein gewisses Eigenengagement kann also verlangt werden.

Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess

Der Arbeitgeber hat zunächst darzulegen, dass zumutbare Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden. Der Arbeitnehmer muss daraufhin offenlegen, wie er sich beworben oder warum er eine Bewerbung unterlassen hat. Verhindert der Arbeitnehmer Vermittlungsvorschläge bewusst, wird das in der Gesamtwertung negativ berücksichtigt.

In solchen Fällen kann es zu einer abgestuften Darlegungslast kommen: Der Arbeitnehmer muss nachweisen, dass eine Bewerbung ohnehin erfolglos geblieben wäre. Das gilt auch, wenn Vermittlungsvorschläge auf seine Veranlassung unterblieben sind.

Aktives Mitwirken des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann das Risiko weiter minimieren, indem er dem Arbeitnehmer konkrete Stellenangebote unterbreitet – etwa aus Zeitungen, Jobportalen oder der Arbeitsagentur. Entscheidend ist, dass es sich um realistische, zumutbare Optionen handelt, die im Prozess benannt werden können.

Fazit

Das Urteil stärkt die Position von Arbeitgebern, die sich aktiv mit Alternativen für gekündigte Arbeitnehmer befassen. Ein pauschaler Verweis auf unterlassene Eigenbemühungen reicht nicht aus. Besser ist es, dem Arbeitnehmer konkrete Stellen zu nennen und diese im Prozess gezielt vorzubringen.

KWM Autor
Dr. Justin Doppmeier, LL.M.
Rechtsanwalt
Master of Laws (Arbeitsrecht)
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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