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1-Stern-Bewertung auf Jameda oder Google – die Grenzen der Meinungsfreiheit und was betroffene Praxen bei negativen Rezensionen tun können

Viele (Zahn-)Arztpraxen mussten bereits Erfahrungen damit machen, dass unzufriedene Patienten oder unbekannte Dritte, oftmals versteckt hinter anonymen Usernames, negative Äußerungen auf beliebten Bewertungsplattformen wie Jameda oder Google über sie hinterlassen.

Bewertungen dieser Art lassen sich in der Regel nur schwer hinnehmen, denn nicht jeder äußert Kritik auf sachgemäße Weise. Insbesondere wenn es zu beleidigender Wortwahl oder der Verbreitung von Unwahrheiten kommt, fragen sich die Betroffenen häufig, was sie tun können, damit die Bewertung gelöscht wird, denn unwahre und verunglimpfende Aussagen können eine geschäftsschädigende Wirkung nach sich ziehen.

Grundsätzlich sind auch Online-Rezensionen von der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckt. Doch wo endet das Informationsinteresse zukünftiger Patienten und wann beginnt die Verletzung von Persönlichkeitsrechten der Betroffenen?

Rechtsverletzende Inhalte

Zunächst gilt zu beachten, dass sich eine Bewertung immer auf tatsächliche Bezugspunkte stützen muss. Hat zwischen Verfasser der Bewertung und Behandler beispielsweise überhaupt kein Behandlungskontakt stattgefunden, so überwiegen laut BGH in der Regel ohnehin die Rechte des Behandlers, da in diesem Falle kein berechtigtes Bewertungsinteresse besteht (BGH, Urteil v. 01.03.2016, Az.: VI ZR 34/15).
Im Rahmen der sogenannten sekundären Darlegungs- und Beweislast ist eine Bewertungsplattform verpflichtet nachzuweisen, dass der Verfasser auch Patient der jeweiligen Praxis war. Misslingt dies, so reicht die fehlende Patienteneigenschaft grundsätzlich aus, um einen Löschungsanspruch zu begründen.

Ebenso besteht ein Anspruch auf Löschung, wenn eine Bewertung gegen die eigenen Nutzungsrichtlinien der jeweiligen Bewertungsplattform, oder aber gegen geltendes Recht verstößt.

Nach § 186 Strafgesetzbuch beispielsweise wird das Behaupten oder Verbreiten von Tatsachen, die geeignet sind, den Betroffenen in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen, unter Strafe gestellt, wenn diese Tatsachen nicht erweislich wahr sind. Die Freiheit eines Verfassers stößt somit insbesondere dort an ihre Grenzen, wo Rechte Dritter betroffen sind und es sich insbesondere nicht nur um die Verbreitung bloßer subjektiver Werturteile, sondern überprüfbarer Tatsachenbehauptungen handelt.
Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob eine Aussage auf ihre Richtigkeit überprüft werden kann. Ist dies der Fall und stellt die Prüfung fest, dass die Tatsachenbehauptung unwahr ist, so besteht eine Rechtsverletzung, die, neben einem Anspruch auf Löschung, in manchen Fällen sogar eine strafrechtliche Konsequenz für den Verfasser zur Folge haben kann.

Auch eine sogenannte „unsachliche Schmähkritik“ müssen sich Betroffene nicht gefallen lassen. Diese liegt immer dann vor, wenn sich ein Verfasser nicht sachlich-neutral mit einer erfolgten Behandlung auseinandersetzt, sondern die Diffamierung des Behandelnden im Vordergrund steht. Ist Kern der Bewertung somit nur die Verunglimpfung einer Person und die Darstellung der persönlichen Antipathie, so ist die Grenze der freien Meinungsäußerung ebenfalls überschritten.

Verantwortlichkeit der Bewertungsportale

Da sich viele Bewertungen nicht eindeutig einem bekannten Patienten zuordnen lassen, ist der Versuch einer Kontaktaufnahme zum Verfasser einer rechtsverletzenden Bewertung für gewöhnlich aussichtslos.

Die Betreiber von Websites wie Jameda oder Google sind zwar nicht unmittelbar für etwaige Bewertungen verantwortlich, doch es besteht eine zivilrechtliche Verpflichtung, Äußerungen zu löschen, sobald die Betreiber Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangen.

Durch die Veröffentlichung von Bewertungen verarbeiten die jeweiligen Unternehmen personenbezogene Daten in eigener Verantwortung im Sinne des Art. 4 Nr. 1 und Nr. 7 DSGVO. Damit trifft diese auch die Verpflichtung zur Sicherstellung der Richtigkeit der Daten.
Wird festgestellt, dass eine Bewertung unrichtig ist, so besteht ein Löschungsanspruch aus Art. 17. Abs. 1 DSGVO. Sollte ein Betreiber trotz eines entsprechenden Hinweises seiner Pflicht zur Überprüfung und gegebenenfalls zur Löschung nicht nachkommen, so haftet dieser nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen für rechtsverletzende fremde Inhalte.

Unsere Handlungsempfehlung

Wer mit einer negativen Online-Rezension konfrontiert ist, sollte diese rechtlich prüfen lassen und sich, im besten Falle durch anwaltliche Hilfe, direkt an die jeweilige Bewertungsplattform wenden. Die Beanstandung der Bewertung sollte fundiert begründet werden und ein entsprechender Antrag auf Löschung gestellt werden. Dadurch wird der Betreiber der Website zur Aufklärung des Sachverhalts und im besten Falle auch zur Löschung der Bewertung verpflichtet.
Weigern sich die Betreiber zu handeln, so ist eine gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs in Betracht zu ziehen.

Vorsicht gilt bei der eigenen Kommentierung und Beantwortung von negativen Bewertungen. Durch die Preisgabe von Informationen zum Behandlungsablauf oder anderweitigen sensiblen Daten droht ein Verstoß gegen die ärztliche Verschwiegenheitsverpflichtung.

Ebenso wird davon abgeraten, diverse nicht-juristische Anbieter und Agenturen, welche oftmals mit „Zahlung nur bei Erfolg“ werben, mit der Löschung einer Bewertung zu beauftragen. Derartige Angebote stellen oftmals einen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz dar, denn laut der Rechtsprechung erfordere die Beanstandung und Löschung von negativen Rezensionen grundsätzlich eine einzelfallbezogene Prüfung, sodass es sich um eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung handele, welche der Rechtsanwaltschaft vorbehalten ist (Landgericht Stuttgart, Urteil v. 25.02.2021, Az. 11 = 543/29).

Fazit

Ob betroffene (Zahn-)Arztpraxen einen Anspruch auf Löschung von negativen Online-Bewertungen haben, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Mit anwaltlicher Hilfe lassen sich Bewertungen jedoch rechtlich einordnen und etwaige Ansprüche effektiv durchsetzen. Gerne unterstützen wir Sie hierbei!

KWM Autor
Antonia Brand
Rechtsanwältin
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